Mittlerweile kann man alles Mögliche studieren, auch Unternehmertum, oder denglisch Entrepreneurship. Doch macht dies überhaupt Sinn, wenn man ein eigenes Unternehmen gründen will? Falls nicht, was sollte man stattdessen machen? Damit beschäftigen wir uns heute! Mein Name ist Gerald Reimertz, und ich habe unter anderem Parcello gegründet.
Ein Abschluss wird überbewertet, besonders von Eltern
Ich muss bei diesem Thema immer an eine Situation zurückdenken, bei der ich vor ein paar Jahren von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin eingeladen wurde, einen Gastvortrag zum Thema Gründung im Studiengang Entrepreneurship zu halten.
Es saßen ca. 30 junge Menschen in dem Kurs und ich stellte die Frage: "Wer von euch möchte selbstständig sein oder ein Unternehmen gründen?" Alle im Kurs hoben die Hand. Daraufhin fragte ich: "Wer von euch hat denn schon gegründet?" Keiner hob die Hand.
Diese kuriose Situation ist so sinnbildlich für unser Bildungssystem und unsere Gesellschaft, die der Illusion nachläuft, dass wir erst Wissen auf Vorrat benötigen, um dann die Legitimierung zu erhalten oder Qualifikationen etwas machen zu dürfen.
Auch Eltern scheinen oft beruhigter, wenn man erstmal etwas studiert hat! Ich weiß, wovon ich da spreche.
Wenn dies auch sicherlich für einige Berufe zutreffen mag, zum Beispiel als Mediziner, ist dies bei der Gründung eines Unternehmens in der Regel Quatsch. Es ist schlichtweg in unserer Zeit, in der das Wissen dank des Internets frei zugänglich ist, nicht mehr wichtig und oft versuchen wir, mit einem weiteren Abschluss nur unsere Unsicherheit zu überdecken, oder den Start von unserer Selbständigkeit weiter hinauszuzögern.
Du sagst jetzt vielleicht: Aber bei manchen Sachen benötigst du doch ein Studium z.b. wenn du ein Architekturbüro aufmachen möchtest! Ist das wirklich so? Nicht ganz!
Wenn du zum Beispiel ein Architekturbüro aufmachen willst, ohne jemals Architektur studiert zu haben, einfach weil dich die Thematik interessiert, ist es lediglich wichtig, dass du einen eingetragenen Architekten beschäftigst und schon darfst du dein Unternehmen gründen und Architektur Dienstleistungen anbieten.
So haben es zum Beispiel auch die berühmten Architekten Mies van der Rohe oder Le Corbusier gemacht! Dasselbe gilt, auch wenn dein Unternehmen andere Menschen ausbilden will. Dann musst du nicht selbst der Meister deines Faches sein, aber diese Meister bei dir beschäftigen! Siehe zum Beispiel die deutsche Autowerkstattkette ATU. Der Gründer Peter Unger hat einen Background im Handelsgewerbe!
Ist also ein Studium völlig unnütz?
Nein! Die Themen sind meist super und spiegeln tatsächlich einen Großteil des Alltags als Unternehmer wider. Auch die Menschen, die du dort kennenlernst, sind vielleicht deine potenziell zukünftigen Mitgründer oder Partner!
Zusätzlich bin ich dafür, dass jeder etwas studieren sollte, wenn man sich einfach krass dafür interessiert oder in dem Bereich forschen möchte, oder eben in dem Bereich auch angestellt sein möchte.
Ist dein Plan jedoch selbstständig zu sein und als Unternehmer Erfahrungen zu sammeln, ist es meiner Meinung nach der schnellere Weg sich ein Projekt zu suchen, ganz viel zu googeln und einfach zu machen, oder dies zumindest parallel zum Studium schon anzufangen!
Denn selbst wenn du dich jahrelang auf die Gründung vorbereitest, kommt in der Realität doch alles anders! Das agile Mindset dann zu haben, niemals aufzugeben und stetig die Idee und sich selbst neu zu erfinden und anzupassen kann dich meiner Meinung nach kein Studiengang der Welt lehren.
Ein Kind lernt doch auch nicht das Laufen, in dem die Eltern dem Kind erklären, wie das Laufen geht oder es sind eine Laufschule schicken. Beim Unternehmertum ist es meiner Meinung nach ganz genau so!