Was bringt Meditation wirklich? Mein Fazit nach 10 Jahren
Was bewirkt tägliches meditieren? Vor über 10 Jahren habe ich mit Zazen Meditation angefangen und heute ziehe ich mein Fazit.
Mit Anfang 20, bin ich auf das Buch Zen in der Kunst des Bogenschießens von Eugen Herrigel gestoßen, und kurze Zeit später habe ich angefangen, täglich zu meditieren, heute, mit 34, frage ich mich, ob ich mir die investierte Zeit auch hätte sparen können oder ob dies eine der besten Entscheidungen in meinem Leben war.
Ein Zufall führte mich zur Mediation
Eigentlich kam ich durch einen Zufall und durch einen ganz pragmatischen Grund zum Meditieren, nämlich um in etwas besser zu werden, in meinem Fall im Billard spielen, denn zu dieser Zeit habe ich, sehr zum Leidwesen meiner Frau, Sorry Schatz, fast jeden Abend bis spät in die Nacht in einem Billard Laden verbracht.
In einem Internetforum, das waren damals so Webseiten, auf denen Menschen Erfahrungen getauscht haben, gab es dann jemanden, der den Tipp dir gegeben hat:
„Lies das Buch Zen in der Kunst des Bogenschießens von Eugen Herrigel, das würde dein Billardspiel massiv verbessern.“
Das hat dann natürlich meinen Performer Mindset getriggert, und ich habe das Buch sofort bestellt und es innerhalb von kürzester Zeit verschlungen. Dass dieses Mindset mir im Laufe der Jahre bei der Meditation, aber auch im sonstigen Leben noch im Weg stehen sollte, wusste ich damals auf jeden Fall noch nicht.
Wichtig war erst mal. Es funktionierte, und das konnte ich direkt zu Hause überprüfen, denn kurz vorher zeigte mir mein Schwager das Minispiel Multitask.
Dabei musst du mit deiner Tastatur vier verschiedene Aufgaben gleichzeitig ausführen und darfst dabei bei keiner Aufgabe scheitern.
Wenn mein Rekord vorher irgendwas mit 100 Sekunden war, konnte ich mit der Atemtechnik im Buch plötzlich 130 Sekunden erreichen. Ich merkte auch im Billardspiel, dass ich mich besser konzentrieren konnte und weniger Kugeln verschossen habe. Ich habe aber eigentlich zu der Zeit noch nicht wirklich meditiert, sondern nur die Atemtechnik, die ich in dem Buch gelernt habe, angewendet.
Weit mehr als reine Taschenspielertricks
Doch, was ich in dem Buch dann schon über die Zen Philosophie gelernt habe, das faszinierte mich so sehr, dass ich mehr wissen wollte, und dann las ich alles, was ich zu dem Thema in die Finger bekommen hatte, von schon Shunryū Suzuki Zen-Geist, Anfänger-Geist, das Shobogenzo verschiedene Sammlungen an Zen Geschichten. Zen Training von Sekida und Deshimaru. Aber auch Ausflüchte in die Lehren von Krishnamurti und den Dalai Lama.
Mir gefiel immer in die subtile Wahrheit in den Werken und der Fokus, auf die eigene Achtsamkeit, aber auch die Verbundenheit mit allem. Und jedes Mal, wenn ich mich dann zum Meditieren hinsetzte, merkte ich, dass ich mich danach glücklicher fühlte oder wohler fühlte.
Und so sah mein Morgen nach einiger Zeit so aus, dass ich aufgestanden bin, mir einen Tee gekocht habe und mich erstmal hingesetzt hat und ein paar Seiten in den eben genannten Büchern gelesen habe und anschließend zehn Minuten Zazen praktizierte.
Die richtige Meditations-Haltung
Zazen ist eine Meditationstechnik, bei der man auf einem recht harten Kissen (Zafu) sitzt, welches das Gesäß stützt. Die Wirbelsäule ist dabei gerade und der Blick in 45 Grad Winkel nach vorne gerichtet. Während du sitzt, fokussierst du dich primär auf deine Ausatmung im Unterbauch.
Bei mir wurden aus 10 Minuten dann irgendwann 20 Minuten ... aus einmal pro Tag, wurde zweimal pro Tag, und an Tagen, an denen ich nicht meditierte, fehlte mir etwas im Alltag. Ich merkte aber auch, dass ich innerlich viel gelassener war und fing an, mir über Dinge Gedanken zu machen, die mir vorher völlig egal waren.
Was will ich im Leben wirklich, wer bin ich überhaupt? Oder wer möchte ich überhaupt sein?
Das Ergebnis dieser Gedanken waren dann erste Tests, die 2011 dann zur Gründung von Parcello geführt haben. Auch konnte ich ab einem gewissen Punkt die Gefühle in mir selbst, aber auch in anderen, viel besser wahrnehmen und auch lokalisieren. Ich war insgesamt klarer und hatte mehr Energie.
Damals merkte ich dann aber auch am eigenen Leib, dass der Gedanke immer höher, schneller, weiter auch hinderlich sein kann, denn um nachhaltigen inneren Frieden auch in deinem Alltag zu spüren, stehen wir uns oft mit diesem Gedanken im Weg und brennen aus.
So banal das klingt, aber ich musste erst wieder lernen, dass der Weg, das Ziel ist und der Fokus auf die eigene Kreativität, die Freude am Moment ohne Erwartungen im Außen mich wirklich tief im Inneren glücklich machen.
Meditation bringt „Nichts“ und das ist gut so
Es gibt diesen schönen Koan im Zen, bei dem der Schüler zum Meister kommt und fragt: „Meister, was bringt mir eigentlich Meditation?“ Und der Meister antwortet: „Nichts.“ —
Dass aber dieses „Nichts.“ das eigentliche Ziel sowie gleichzeitig der Weg ist und dass das Ego eigentlich eh nur eine Illusion unseres Geistes ist, das wusste zu dem Zeitpunkt nicht, als ich den Satz das erste Mal gelesen habe.
Doch darauf möchte ich gar nicht im Detail eingehen, denn viele von euch haben vermutlich noch nicht angefangen zu meditieren, oder haben bereits erste Erfahrungen gesammelt und fragen sich, ob sich der Grind überhaupt lohnt. Wenn ich falsch liege, dann schreibt es gerne in die Kommentare, dann erstelle ich fortgeschrittene Beiträge zum Thema Meditation oder auch den Prozessen, die dabei im Gehirn ablaufen, der sogenannten Neuropsychologie.
Die drastischen Veränderungen nach 10 Jahren
Also lasst uns nun in die heutige Zeit springen und zusammenfassen, was es mir persönlich gebracht hat. In Kurzform: Ja, es lohnt sich auf jeden Fall zu meditieren, und ich kann nicht beschreiben, wie dankbar ich dafür bin, angefangen zu haben. Jede einzelne Sekunde, in der ich meditiert habe, war alles andere als verschwendete Zeit und definitiv einer der besten Entscheidung meines Lebens.
1. Gelassenheit und mehr Ruhe im Kopf
Ich bin innerlich viel gelassener als vorher. Das Gedanken-Karussell hat einfach gestoppt. Die meisten Dinge sind mir im positiven Sinne völlig egal, und mir fällt es durch Meditation leichter, mich auf die Dinge zu fokussieren, die mir persönlich wichtig sind und die ich ändern möchte oder ändern kann.
Auch kann ich häufiger einen Moment einfach mal genießen und entdecke dadurch Schönheit, die ich vorher einfach übersehen habe.
2. Feinere Wahrnehmung
Ich nehme Dinge sehr selten persönlich und bin sehr sensibel für die Stimmung und Gefühle von anderen geworden. Ob jemand zum Beispiel authentisch ist, sich unwohl fühlt oder nur etwas vormacht, erkenne ich meist innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde, und das ist definitiv eine sehr hilfreiche Eigenschaft als Unternehmer.
3. Bessere Entscheidungen treffen
Ich kenne das Gefühl nicht mehr etwas zu bereuen oder Angst vor der Zukunft zu haben. Ich vertraue immer da drauf, aktuell die bestmögliche Entscheidung zu treffen, basierend auf den jetzt mir verfügbaren Informationen.
Die Vergangenheit ist vergangen, und ich weiß, dass ich mich auf meine Intuition zu 100 % verlassen kann, da diese mittlerweile auch sehr deutlich mit mir spricht. Seitdem ich im Einklang mit dieser handel, wurde ich auch kein Mal mehr enttäuscht.
4. Die Angst vor dem Tod verschwindet
(Triggerwarnung für Menschen mit suizidalen Gedanken. Du findest sofort Hilfe unter: 0800 111 0 111)
Ich habe die Angst vor dem Tod verloren. Nach ca. 5 Jahren regelmäßiger Meditation hatte ich eine Erfahrung während der Praxis, bei der ich das Gefühl hatte, über die Schwelle des Todes hinauszugehen. Dieses wohlige, warme, allumfassende, wunderschöne Gefühl der absoluten Ruhe und des Friedens, gepaart mit vollem Vertrauen und Klarheit, war für mein Leben absolut lebensverändernd.
Das heißt nicht, dass ich jetzt sterben möchte, denn ich liebe mein Leben, aber es wäre ok, wenn das passiert. Das ist der Unterschied. Es ist mehr daraus, eine resultierende Wertschätzung für den jetzigen Moment gekommen und der Endlichkeit unserer Zeit auf dieser Erde.
5. Viel bessere Körperwahrnehmung
Ich habe mal einen Kampfsport Training absolviert und bei einer Übung sollte ich mich Rücken an Rücken mit einem Partner hinstellen, und die anderen Kursteilnehmer sind um uns rum herumgelaufen und haben versucht, mit Schlägen sowohl unsere Oberarme und mit Tritten unsere Beine zu treffen. Wir standen in der Mitte und sollten diese Schläge dann abwehren bzw. blocken.
Das war auf jeden Fall eine Übung, die wie gemacht war für Langzeit-Meditierende, denn mein Körper führte alle Bewegungen wie im Fluss aus und ich musste gar nicht irgendwie groß darüber nachdenken. Das Denken ist generell in vielen solcher Situation komplett in den Hintergrund getreten und man ist mehr im aktuellen Moment.
6. Der meditative Zustand dehnt sich auf den Alltag aus
Mir gelingt es mit zunehmender Erfahrung, den angenehmen, meditativen Zustand auch im Alltag immer wieder zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Also nicht nur, wenn ich gerade aktiv meditiere. Es ist so, als ob mein Kopf das, was er während der Meditation gelernt hat, einfach abruft und auf Alltagssituationen importiert.
Das klappt definitiv nicht immer, aber ich merke, wie die Zeiten, um in den Zustand zu kommen, immer kürzer werden.
7. Es gibt kein ‘richtig’ und ‘falsch’
Ich sehe die Welt sehr viel positiver und das Gute in den Menschen beziehungsweise den Schmerz hinter ihrem Handeln. Ich habe erkannt, dass alle Menschen tief im Inneren eigentlich geliebt werden möchten, nur dass einige eine komische Art und Weise haben dies zu zeigen.
Es gibt kein Richtig und Falsch, sondern dies sind zwei Seiten derselben Medaille. Ob etwas richtig oder falsch ist, hängt immer von der eigenen, subjektiven Wahrnehmung, den eigenen Werten, Moralvorstellungen und unserer Sozialisation ab. Verschiedenheit und Distanz wird immer nur im Kopf von und selbst erzeugt und niemand steht morgens auf und denkt sich:
Heute nehme ich mir vor, ein richtiges Arschloch zu sein.
Viele der gelernten Dinge konnte ich zwar vorher schon mit dem Verstand aufnehmen, aber es gibt doch noch einen gravierenden Unterschied zwischen theoretischen, angelesenen Wissen oder selbst gefühlten beziehungsweise erlebten Wissen.
Ab wann merkt man eine Veränderung?
Musste ich für all diese positiven Effekte wirklich 10 Jahre lang jeden Tag meditieren? Nein, aber die Regelmäßigkeit macht definitiv den Unterschied! Erste Veränderungen spürte ich bereits nach wenigen Wochen bis Monaten. Bei mir war es so, dass ich besonders in der Anfangszeit sehr konsequent mit einem Habit Tracker immer Kästchen aus gemalt habe, um sicherzustellen, dass ich keinen Tag verpasse.
Wenn du gerade an dem Punkt bist, dass du erst noch die Routine etablieren möchtest, würde ich dir empfehlen lieber jeden Tag 5 Minuten zu meditieren als einmal im Monat dann zwei Stunden. Mir hilft es da sich Meditation wie Zähneputzen vorzustellen. Es ist etwas, was du jeden Tag machst, nur halt nicht zur Zahnpflege, sondern zur Geistespflege.
Das war so weit mit meinem Fazit jetzt nach über zehn Jahren Meditationserfahrung. Wenn du auf keinen Fall das Fazit nach 30 Jahren verpassen willst, das ist dann im Jahr 2042, dann musst du dich jetzt in meinen Newsletter eintrage und ich werde dich automatisch benachrichtigen, wenn es so weit ist.